Andacht und Teetrinken am 18.10.2025
Quäker und Veganismus
Hallo liebe Freunde und Freunde der Freunde!
Kommenden Samstag, den 18.10.2025 um 16 Uhr, findet in der Königstraße 132 in 47798 Krefeld die nächste Quäker-Andacht statt, zu der Ihr wieder herzlich eingeladen seid.
Für diejenigen, die möchten, besteht im Anschluss ab 17 Uhr die Möglichkeit, sich mit der Bibel zu beschäftigen, Glaubensfragen zu diskutieren und/oder einfach nur Tee zu trinken.
Für diesmal habe ich mir das Thema Veganismus vorgenommen.
Ein Blick in die Bibel
Ich starte mit einem Blick in die Bibel. Da hatte ich schon seid längeren ein Paar Gedanken, wenn es um die Tiere darn ging.
Tiere und Sündenfall
Vielen ist es vielleicht nicht bewusst, da es nicht ausdrücklich betont wird: Doch am Anfang waren alle Lebewesen – Menschen wie Tiere – Veganer. So steht es in 1. Mose 1,29–30.
29 Dann sagte er: »Seht, als Nahrung gebe ich euch alle Pflanzen, die Samen tragen, und die Früchte, die überall an den Bäumen wachsen; 30 aber die Vögel und Landtiere sollen Gras und Blätter fressen.« Und so geschah es.
Also das paradiesische Leben ist ein veganes Leben gewesen! Deshalb kann ich mir das Himmlische Jerusalem als Vereisung auch nur vegan vorstellen. Also gerade nicht mit gebraten Tauben die einem in den Mund fliegen.
Beim Sündenfall haben die Tiere nichts Unrechtes getan. Und doch wurden sie gemeinsam mit den Menschen aus dem Paradies verstoßen. Seitdem leiden sie unter dem endlosen Kreislauf von Fressen und Gefressenwerden. Dieses unverschuldete Schicksal der Tiere müsste uns eigentlich beschämen. Stattdessen sorgt unsere Eitelkeit nur dafür, dass wir uns für unsere Nacktheit schämen.
Die Sintflut
Nach der Vertreibung aus dem Paradies ist es vermutlich so vorzustellen, dass die Tiere sich untereinander auffrassen, aber nicht von den Menschen gegessen wurden. Das änderte sich erst nach der Sintflut: Als es kein Gemüse, Obst und Getreide mehr gab, wurde es den Menschen gestattet, Fleisch zu essen. 1. Mose 9,3:
Von jetzt an könnt ihr euch von ihrem Fleisch ernähren, nicht nur von den Pflanzen, die ich euch als Nahrung zugewiesen habe.
Die Sintflut ist jetzt schon eine ganze Weile her, und wir haben längst wieder jede Menge vegane Alternativen (wenn man die Eskimos mal außen vor lässt). Da habe ich mich schon gefragt: Wie lange soll das Fleischessen eigentlich noch weitergehen? Wieder typisch Mensch: Man streckt ihm den kleinen Finger hin – und er reißt einem gleich die ganze Hand ab.
Gut, die Tieropfer ergeben gar keinen Sinn mehr, wenn man Veganer wäre. Zum Glück haben wir sie schon abgeschafft – auch ohne zur veganen Ernährung zurückzukehren.
Tiere als Propheten
Tiere sind in der Bibel nicht nur dekorative Beigabe – sie sind Teil der Heilsgeschichte!
- Bileam wird durch eine sprechende Eselin gerettet (4. Mose 22,21–35).
- Die Taube bei Noah bringt die Botschaft der Hoffnung (1. Mose 8,8–12).
- Der große Fisch bei Jona steht als Symbol für Transformation und Neuanfang (Jona 1,17–2,10).
Veganismus als Sehnsucht nach Reinheit
In den verschiedensten Kulturen verbanden sich mit Essensregeln bestimmte Vorstellungen von Reinheit. Ob im Buddhismus, Hinduismus, Islam, Judentum oder Christentum – überall gab es das Bedürfnis, sich von etwas reinigen zu wollen oder zu müssen. Und oft war damit eine Heilerwartung verbunden.
Jesus weist jedoch zurecht darauf hin, dass Fasten und Essensregeln nicht zum Selbstzweck oder zur Ersatzhandlung werden dürfen. Matthäus 15,11:
Nicht was ein Mensch zu sich nimmt, macht ihn vor Gott unrein, sondern das, was er von sich gibt.
Ich würde aber ergänzen: Nicht das, was man an sich zu sich nimmt, macht einen Menschen unrein – sondern das Warum. Esse ich Fleisch aus gedankenloser Genusssucht und vernichte damit Ressourcen, die anderen Menschen und Tieren fehlen? Buddhistischen Mönchen ist es sogar verboten, bereits satte Menschen zum Weiteressen aufzufordern.
Paulus ergänzt in Römer 14,21 noch:
Zwar sind in Gottes Augen alle Speisen rein. Manche Christen aber nehmen Anstoß daran, wenn du bestimmte Speisen isst. Das wäre schlimm. 21 Deswegen isst du besser kein Fleisch, trinkst keinen Wein und vermeidest überhaupt alles, was einen anderen Christen zu Fall bringt.
Ich denke, das ist ein interessanter Gedanke – und man könnte überlegen, was das für die heutige Zeit bedeutet.
Die Planetary Health Diet
Im Potcast “Mehr als eine Vurst-Debatte” von Deutschlandfunk Nova wird in Minute 6:48 gesagt:
Ja, es geht darum, wie wir uns ernähren und wie Lebensmittel weltweit produziert werden, also um das Ernährungssystem. Und das ist eine wirklich große Studie, da haben ungefähr 80 Forschende aus der ganzen Welt dran mitgearbeitet, erschienen ist die in The Lancet, einem renommierten medizinischen Fachblatt, und es gibt eine Aussage, die ist mir echt entgegengesprungen in dieser Studie, da steht, selbst wenn die ganze Welt jetzt aufhört, fossile Brennstoffe zu verfeuern, also kein Öl, kein Gas, kein Benzin mehr, das. Selbst dann würden wir die 1,5 Grad Marke noch reißen wegen unserer Ernährung. […] in der Studie steht die Produktion von Lebensmitteln ist weltweit für ein Drittel aller Treibhausgase verantwortlich, und das hat zu tun mit der Fleischproduktion, aber auch damit, dass Wälder abgeholzt werden, um auf der Fläche Nutzpflanzen oder Tierfutter anzubauen, wie Getreide, Sojabohnen oder auch Ölpalmen.
Das sind sicher nicht die Dimensionen, an die Jesus und Paulus dachten – aber es sind die Dimensionen, an die wir denken sollten.
Ich spreche selten ein Tischgebet (mit). Aber vielleicht wäre es sinnvoll, den Moment des Innehaltens wirklich zu nutzen: innezuhalten und sich zu fragen, ob das, was ich da esse, sinnvoll ist. Müssten wir uns nicht weniger bedanken – und stattdessen vielmehr darum bitten, dass uns die Kraft gegeben wird, auf das zu verzichten, was für unsere Erde eine Überlastung darstellt?
Veganismus und Quäkertum
Der Quäker Benjamin Lay (1682–1759) lebte fleischlos, war jedoch vor allem bekannt als radikaler Abolitionist, der entschieden gegen die Sklaverei kämpfte – auch und gerade unter Quäkern. Er wurde mehrfach während Gottesdiensten unsanft hinausgeworfen, wenn er anklagende Reden gegen Quäker hielt, die Menschen Versklavten.
Im Friends Journal erschien 2019 ein Artikel mit dem Titel “Vegetarianism in Quaker History”, der die Geschichte vegetarisch lebender Quäker beleuchtet.
Im viktorianischen England engagierten sich einige Quäker als aktivistische Vegetarier und waren 1847 an der Gründung der Vegetarian Society of England beteiligt.
Gibt es ein „Quaker Vegan Witness“ – also ein veganes Quäker-Zeugnis? Oder ist es bereits durch bestehende Zeugnisse abgedeckt? Vielleicht durch das Zeugnis der Gleichheit? Oder das der Einfachheit? Oder durch das Friedenszeugnis?
Nicht wenige Quäker beantworten diese Frage mit „Ja“ und vernetzen sich über qvw.org.uk.
Wie sieht es in Deutschland aus?
In den 1920er Jahren gab es personelle Überschneidungen zwischen der Lebensreform-Bewegung und Quäkern. Beide teilten eine Ausrichtung auf einen einfachen Lebensstil, zu dem auch Vegetarismus, Alkohol- und Tabakverzicht sowie schlichte Kleidung gehörten.
Ich selbst kenne in Deutschland einige Quäker, die vegan oder vegetarisch leben. Dieser Lebensstil – zusammen mit dem Verzicht auf Alkohol und Zigaretten – ist vermutlich auch ein Grund dafür, dass viele Quäker ein hohes Alter erreichen.
Weiterführendes
Ein weiterer Podcast-Hör-Tipp ist: Deutschlandfunk, aus der Reihe: “Der rest ist Geschichte”, “Vegetarismus - kein Blut auf dem Teller” beleuchtet das Thema noch mal geschichtlich.
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